Bauen mit Holz
Von der Ressource zum kulturellen Wert: Eine architektonische Auseinandersetzung mit Holz
2025
Holz ist mehr als nur ein Baustoff – es ist ein kulturelles, ökologisches und wirtschaftliches Element mit weitreichenden Implikationen für unsere gebaute Umwelt. Seit dem Projekt Sportzentrum Sargans hat sich unser Blick auf Holz als Ressource stetig erweitert. Über die Jahre ist eine tiefgreifende Auseinandersetzung entstanden, die sich von der Analyse regionaler Wertschöpfungsketten bis hin zur kuratorischen Reflexion über die Zukunft des Bauens mit Holz erstreckt.
Sargans – Der Anfang einer kontinuierlichen Auseinandersetzung
Unsere intensive Beschäftigung mit Holz nahm mit dem Projekt Sportzentrum Sargans (2008–2013) ihren Anfang. Die Frage, was der Einsatz von Holz für die Landschaft und die Region bedeutet, stand dabei früh im Zentrum. Angesichts endlicher Ressourcen wurde schnell klar: Architektur ist nicht losgelöst von Materialflüssen zu denken. Gemeinsam mit Ingenieuren und Handwerkerinnen, die bereits in frühen Projektphasen einbezogen wurden, analysierten wir den Ursprung und die Quantität des verwendeten Holzes. Besonders aufschlussreich war dabei der Abgleich mit dem jährlichen Holzwachstum in der Schweiz sowie die Erhebung der geografischen Distanzen zwischen Wald, Werkstatt und Baustelle.
“Wir wollten Holz nicht nur verbauen, sondern verstehen: Was bedeutet die Nutzung dieser Ressource für Landschaft, Innovation und Baukultur?”
“Wir wollten wissen, wie viel Holz wir verbauen, woher es kommt und welche Wirkung das auf lokaler Ebene entfaltet.”
Diese Transparenz schuf nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Erkenntnisse zur lokalen Wertschöpfung. Die daraus hervorgegangene Publikation Architektur und Handwerk – Sportzentrum Sargans dokumentiert, wie technisches Knowhow und gestalterische Offenheit Hand in Hand gehen müssen, um nachhaltige und gleichzeitig ästhetisch anspruchsvolle Architektur zu ermöglichen.
Touch Wood – Wissen kuratieren, Positionen sichtbar machen
Etwa zehn Jahre später intensivierte sich unser Fokus auf Holz in einer neuen Konstellation: Gemeinsam verfolgten Thomas Hildebrand, Celina Martinez-Cañavate und Carla Ferrer (Iter, Milan) das Ziel, noch tiefer in die Materie einzutauchen. Die daraus entstandene Ausstellung Touch Wood im ZAZ Bellerive in Zürich und das gleichnamige Buch Touch Wood. Material, Architektur, Zukunft (Lars Müller Publishers) wurden zu Plattformen für Reflexion, Diskurs und interdisziplinären Austausch.
Dank der Unterstützung durch den Aktionsplan Holz (APH) des Bundesamts für Umwelt (BAFU) sowie zahlreichen Partnern aus Forschung und Industrie konnte Touch Wood ein breites Spektrum an Beiträgen aus unterschiedlichen Fachbereichen versammeln. Diese bildeten die inhaltliche Grundlage für Ausstellung und Buch – stets mit dem Ziel, das architektonische Potenzial von Holz aus der Materialperspektive heraus zu erkunden und ein differenziertes Nachdenken über unsere gebaute Umwelt anzustossen. Praxisnah und visionär zugleich lädt Touch Wood dazu ein, in das vielschichtige Universum des Holzes einzutauchen – und eröffnet neue Blickwinkel auf eine umweltfreundliche Architektur der Zukunft.
Ein besonderes Highlight ist das Interview, das Jørg Himmelreich mit dem Kuratoren-team führte: Es macht sichtbar, welche Leistungen Holz im Bauwesen erbringen kann – und wo seine natürlichen Grenzen liegen.
MEHRwert HOLZ – Netzwerke, Wertschöpfung, Baukultur
Unsere Forschung setzt sich seither vertieft fort – aktuell in Form des Projekts MEHRwert HOLZ, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Institut Urban Landscape der ZHAW. Aufbauend auf dem Pilotprojekt schaerholzbau untersuchen wir darin die Rolle von Schweizer Holzproduktionsbetrieben in der Entwicklung regenerativer Baukulturen.
“Im Zentrum steht die Frage, wie regionale Holzproduktion nicht nur ökonomisch tragfähig, sondern zugleich ökologisch verantwortungsvoll und kulturell wertvoll gestaltet werden kann – mit dem Ziel, ein resilientes, zukunftsfähiges System hervorzubringen.”
Die qualitative Netzwerkanalyse folgt dabei einem bottom-up-Ansatz und beleuchtet exemplarisch die Unternehmen Schaub AG, schaerholzbau AG und Uffer AG. Ziel ist es, regionale Ökosysteme der Wertschöpfung sichtbar zu machen, die über reine Effizienz hinausgehen und sich durch ökologische wie soziokulturelle Nachhaltigkeit auszeichnen.
Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fliessen direkt in unsere Architekturpraxis ein – und ermöglichen uns, Entscheidungen zu treffen, die weit über das einzelne Bauwerk hinauswirken. In der Auseinandersetzung mit Holz verbinden sich gestalterische Ambition mit ökologischer Verantwortung und gesellschaftlicher Relevanz. So wird das Bauen mit Holz zu einem kulturellen Beitrag: für eine Architektur, die aus dem regionalen Kontext schöpft und auf eine resiliente, lebenswerte Zukunft ausgerichtet ist.